Beim
Autofahren höre ich, wo es immer geht, radioeins. Die Mischung
zwischen guter Musik und guten Redebeträgen finde ich toll. So auch
gestern. Die Meldung selbst fand ich aber nicht so super. Das
Bundesverfassungsgericht hätte entschieden, das Land Berlin dürfe
muslimischen Lehrerinnen nicht pauschal das Tragen des Kopftuchs
verbieten.
Aber ich wusste auch, pauschal bedeutet, man muss es
konkretisieren und das Gesetz ändern. Dann wäre auch das BverG
zufrieden.
Schließlich hatte sogar der Europäische Gerichtshof
entschieden, das Verbot des Tragens sichtbarer Zeichen von
politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen stelle
keine Diskriminierung dar:
„Er (der EuGH) führt aus, dass
der Wunsch eines Arbeitgebers, seinen öffentlichen und privaten
Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln, insbesondere dann
rechtmäßig ist, wenn nur die Arbeitnehmer einbezogen werden, die
mit den Kunden in Kontakt treten. Dieser Wunsch gehört nämlich zu
der von der Charta anerkannten unternehmerischen Freiheit.
Das
Verbot, Zeichen politischer, philosophischer oder religiöser
Überzeugungen sichtbar zu tragen, ist zudem zur Gewährleistung der
ordnungsgemäßen Anwendung einer Politik der Neutralität geeignet,
sofern diese Politik tatsächlich in kohärenter und systematischer
Weise verfolgt wird.“
Das passt doch wie die Kugel ins Kanonenrohr und die
Berliner könnten sich gut darauf berufen. Also war ich erst einmal
nicht zu nervös. Das änderte sich, als etwas später der Kommentar
der Berliner Justizsenatorin Len Kreck (Linke) kam. Sie gab an, dass
es noch politischer Diskussion bedarf, aber wohl nichts daran vorbei
führen würde, das Neutralitätsgesetz nun so zu lesen, dass es
verfassungskonform wird. Ja, sie geht sogar noch weiter:
„Meine Auffassung dazu ist, dass es dieses Gesetzt generell
nicht braucht….Ich glaube…dass sich gesellschaftliche Mehrheiten
dahin entwickelt haben, dass das Kopftuch zu unserer Gesellschaft
gehört.“
Das mag sein, viele sehen dieses Kopftuch nur als Bekleidungsstück
und erkennen nicht seine Bedeutung als Fanal des politischen Islam.
Aber ist es tatsächlich so, dass die Rechtsprechung einfach
gesellschaftlichen Mehrheiten zu folgen hat? Ganz sicher nicht und es
ist erschütternd, wenn eine Justizsenatorin das so sieht. Recht ist
gerade dazu da, um nicht einfach der Mehrheit die Macht zu geben,
sondern auch Minderheiten zu schützen. Es ist auch dazu da, die
Bürger vor dem Staat zu schützen und ihn zur Neutralität zu
verpflichten. Doch die scheint nicht so wichtig zu sein:
„Ich kann nur sagen, was meine Position ist und…. das ist eine
Frage von Antidiskriminierung, wen schließen wir in unsere
Gesellschaft ein, wen schließen wir aus. Ich bin der Meinung, dass
es nicht mehr zeitgemäß ist, pauschal Menschen auf Grund ihrer
religiösen Zugehörigkeit von bestimmten staatlichen Tätigkeiten
auszuschließen und dazu gehört auf jeden Fall auch die Schule.“
Was für ein Unsinn. Das Kopftuchverbot für Lehrerinnen schließt
niemand aus. Jede Muslima kann trotzdem Lehrerin werden und auch
weiter ihr Kopftuch tragen. Nur halt nicht im Unterricht.
Erschreckend finde ich auch, dass die Schüler scheinbar keinerlei
Berücksichtigung in ihren Überlegungen finden. Ab welchem Alter ist
es sinnvoll, die mit religiösen Gebräuchen bekannt zu machen? Was
könnte passieren, wenn jeder Lehrer in der Schule sein politisches,
philosophisches oder religiöses Bekenntnis offen zeigen darf?
Natürlich würde das irgendwie zu Fragen bei den Schülern führen
und somit zu Möglichkeiten der Mission durch die Lehrerschaft.
Ich male mal den Schreckensfall an die Wand.
Weil nun die
Muslime ihr Kopftuch tragen dürfen, wollen die Christen nicht zu
kurz kommen und tragen ab sofort fette Kreuze, Juden kommen mit Kippa
und Sikhs mit Turban.
Nur die klare Mehrheit der
konfessionslosen Lehrer ist gekniffen, die haben kein gemeinsames
Zeichen. Aber dann setzt sich langsam durch, mit einem dicken
Atheisten-A zu erscheinen. Das bietet die Möglichkeit, bei
Gesprächen darauf hin zu weisen, die ganzen Religionen wären nichts
als Aberglauben.
Darauf müssen natürlich die religiösen
Lehrer reagieren und wenn dann noch die politischen Bekenner dazu
kommen, wird es ganz verrückt.
Die Schule als Tollhaus, statt
als Ort der Wissensvermittlung.
Nö, Justizsenatorin Kreck, das brauchen wir genau so wenig, wie
Sie als Justizsenatorin.
Möge die Wahl mit uns sein.