Fliegendes Spaghettimonster

Das Wort zum Freitag – Kirchlein im Grünen

Ein Vorteil des Rentnerdaseins ist es, dass man schon morgens fernsehen kann. Heute hat mich das Wetter mal wieder an den Bildschirm getrieben und ich hatte Glück. Es lief der Film „betrifft: Gott ohne Haus“.

Keine Angst, es geht nicht um das Fliegende Spaghettimonster. Wir müssen wohl noch ein bisschen arbeiten, bis jedem klar ist, mit Gott ist nur ES gemeint.
Es ging um die Abrahamiten, konkret die Christen und noch konkreter die katholische Kirche. In der Mediathek wird der durchaus ansehenswerte Film so beschrieben:

„Stilllegung, Umwidmung, Verkauf – oder gleich Abriss? Den großen Kirchen in Deutschland kommen immer öfter ihre Gotteshäuser abhanden. Den Gemeinden damit ein Stück Heimat. Überall in Deutschland läuft das so. Weil den Kirchen nicht nur die Gläubigen, sondern auch die Priester:innen fehlen, werden vielerorts kleine Gemeinden zu größeren Seelsorgeeinheiten fusioniert. Doch in den anonymen XXL-Gemeinden gehen ein Stück Zusammenhalt und örtliche Identität verloren. Was macht man mit den überflüssig gewordenen Kirchen?“

Mir fiel dabei das „Kirchlein im Grünen“ ein und ein Erlebnis, das ich dort hatte.

Das Kirchlein ist ein kleines, hübsches und mit viel Enthusiasmus wieder aufgebautes Häuschen am Rande eines kleinen Fleckens in der Uckermark. Zu DDR-Zeiten war es nur noch ein Haufen Bauschutt. Am Erhalt hatte die Kirche scheinbar kein Interesse, schon damals wäre es möglich gewesen, das mit staatlicher Hilfe zu tun. Es wurde der andere Weg gewählt. Die Glocke wurde verkauft, der Trümmerhaufen wurde entwidmet.

Nach der Wende fanden sich Enthusiasten und großzügige Spender, die einen Verein zum Wiederaufbau gründeten. Es war die Zeit der ABM – Projekte. Über solche und Fördermittel wie Denkmalschutz flossen mehrere Millionen in das Projekt. Vorher war das Kirchlein dem Förderverein vom Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin – Brandenburg überlassen worden.
Heute finden dort sowohl Gottesdienste als auch weltliche Veranstaltungen statt.

Bei einer der letzteren, einem Konzert, waren auch Elli und ich dort. Natürlich trug ich wie immer meine pastafarianische Kappe. Niemand störte das. Als wir beim Verlassen der Kirche den Veranstaltern etwas in die Sammelbüchse getan hatten, haben die sich freundlich bedankt.

Um so überraschter war ich, als mich jemand aus unserem kleinen humanistischen Verein, den wir damals in Templin hatten, auf meine Kopfbedeckung ansprach. Er fand es unverschämt, dass ich meine Kappe die ganze Zeit trug. Schlimmer, er wollte das sogar in unserer Gruppe zur Diskussion stellen.
Darauf hatte ich keinen Bock, es hat mich zu sehr an DDR-Zeiten erinnert, wo es üblich war, sich für alles mögliche vor dem „Kollektiv“ rechtfertigen zu müssen.

Wenn ich euch nun bitte, eure Meinung zu sagen, ist das eine andere Geschichte. Mir geht es nicht um Bestätigung oder Ablehnung, mich interessiert einfach eure Meinung. Ich bin mir nicht sicher, ob man bei Gottesdiensten seine religiöse Kopfbedeckung abnehmen muss. Vielleicht wäre das höflich, aber kann man es deshalb fordern? Würde man auch von einem Juden fordern, seine Kippa abzunehmen oder würde man ihn einfach als Gast akzeptieren?
Bei weltlichen Veranstaltungen bin ich mir selbst ganz sicher, mein Verhalten war o.k.

Mir ist aber klar, das kann man auch anders sehen.

Wie seht ihr das oder praktiziert es sogar selbst?
Ich bin gespannt.

4 Gedanken zu „Das Wort zum Freitag – Kirchlein im Grünen“

  1. Nun, von Alters her ist es eine Selbstverständlichkeit als Mann in einer Kirche (ev und rk, bei anderen weiß ich es nicht) die Kopfbedeckung abzusetzen. Das rührt von einem, wie ich meine frauenfeindlichen, Bibelspruch her: 1. Korinther 11,3. Dabei geht es nicht einmal direkt um den Mann, sondern darum, dass die Frau als Zeichen ihrer Unterordnung unter den Mann eine Kopfbedeckung tragen soll/muss. Woraus gefolgert wurde, dass der Mann das nicht muss, bzw. inzwischen nicht mehr darf. In früheren Jahrhunderten war das ja noch anders. Heutzutage wird es von Otto Normalverbracher (zumindest hier im Westen) als Angelegenheit des guten Benehmens angesehen, als Mann in der Kirche barhäuptig zu sein. Allerdings gibt es nicht nachvollziehbare Ausnahmen wie die Kirchenfuzzis, kostümierte Gruppen wie Soldaten oder Polizisten neben einem Sarg, usw.

    Als ich einmal als Tourist mit Mütze in die Dresdner Frauenkirche kam, wurde ich von einem Aufseher angeraunzt, dass ich die Mütze absetzen soll. Ich habe das natürlich nicht getan, bis meine Frau leider aktiv eingriff, weil sie kein Aufsehen erregen wollte. Nachträglich habe ich mich geärgert, dass ich für den Wiederaufbau gespendet hatte. Ich dachte ich spende für ein Baudenkmal (an dem mein Urgroßvater im 19. Jhd mitgearbeitet hat), und nicht für einen Ort der Religion.

    Ok, Besitzer einer Kirche haben natürlich das Hausrecht; aber ob das so weit geht, die Bekleidung bis in Einzelheiten vorzuschreiben weiß ich nicht. Wir haben ja inzwischen die Gleichberechtigung der Geschlechter. Ich betrete jede Kirche mit der Kopfbedeckung, die ich gerade aufhabe, oder halt ohne, wenn ich keine aufhabe. Bis auf die Frauenkirche hatte ich noch nirgends Probleme, und ich besichtige viele Kirchen. Gottesdienste besuche ich ja nicht. 🙂

    Schwierig wird es in Synagogen, nur eben anders herum, was die Unsinnigkeit solcher Vorschriften zeigt. Ich war noch nicht in vielen, aber ich könnte mir vorstellen, dass man ohne Kopfbedeckung nicht hineingelassen wird. Und wenn man sich dagegen wehrt könnte es sein, dass man blitzschnell als Antisemit gebrandmarkt wird.

    Langer Rede kurzer Sinn: Bei einem nicht unter religiösem Vorzeichen abgehaltenen Konzert in einer Kirche darf man meiner Meinung nach auf jeden Fall mit Kopfbedeckung teilnehmen – ganz gleich ob Männlein oder Weiblein!

  2. Cool, ich mag solche Grübeleien. Mal tiefer sinnieren, also – wir Menschen sind soziale Tiere, Trockennasenaffen mit einem Drang nach Kuscheln, nach Nähe, nach sozialer Geborgenheit. Nähe, Vertrauen geschieht, verfestigt sich durch Routine, durch Regeln, durch Regelmäßigkeit und alles Fremde ist störend, unangenehm. Die Kipa, der Rosenkranz, die verschiedensten Kleidungsstücke aber auch Verhaltensweisen – das sind die "Dinge", an denen Menschen sich "festmachen". Da wir als soziale Lebewesen keine Fremdkörper sein wollen, passen wir uns lieber an, als anzuecken. Daher ist es uns wichtig solche Fragen zu stellen – die nüchtern betrachtet einfach nur Banane sind. Wir nehmen Rücksicht darauf, welcher Stoff auf dem Kopf liegt – statt ums um reale Sorgen, Nöte oder Spaß, Freude zu kümmern. Wer also die Frage nach der richtigen Kopfbedeckung ernst nimmt, darauf achtet – der könnte in einer Traumwelt gefangen sein. Wer sich bemüht auf die Bedürfnisse dieser Traumweltbesitzer einzugehen, der zeigt soziale Kompetenz und, dass ihm Gemeinsamkeit wichtig ist. RAmen.

  3. Sehr interessante Gedanken, Captain Penne.

    Bei dir läuft es also auf die Güterabwegung Gemeinsamkeit pflegen oder anzuecken hinaus.
    Wie man sich dann entscheidet, würde ich als Humanisten und Pastafari nach unserer Regel des fairen Interessenausgleiches tun. Es treffen zwei unterschiedliche Haltungen/Interessen aufeinander. Welches ist höher zu werten?
    Bei einem Gottesdienst/Messe wäre es wohl das der Gläubigen, wenn der Besucher nicht ganz starke und zu akzeptierende persönliche Interessen hat.

    In meinem Fall war es aber eine weltliche Veranstaltung. Deshalb sehe ich da bei der Interessenabwägung meine im Vorteil. Es ist ein Kappe, die ich immer trage, sogar auf der Fahrerlaubnis und für die ich vor Gericht gezogen bin.
    Nicht die Kirchenleute selbst haben sich beschwert, weshalb ich davon ausgehe, auch nicht gegen ihre Interessen verstoßen zu haben.
    Beschwert hat sich ein Humanist aus unserer Gruppe. Welche Interessen sollte der vorweisen können, die meine überwiegen?

  4. Danke für die Erläuterung der Hintergründe, Nick. Die kannte ich bisher nicht.

    Das mit dem Hausrecht ist ein wichtiger Punkt. Auch ich weiß nicht, wie weit das auch Bekleidungsregeln betrifft. Zumindest bei einer kirchlichen Veranstaltung gehe ich aber davon aus, dass es das tut. Das ist aber ein rechtlicher Aspekt, mich interessiert der ethische.

    Da komme ich dann wieder auf den fairen Interessenausgleich zurück. Ich verstehe deinen Bericht so, dass es einen normale Besichtigung ohne kirchliche Veranstaltung war. Dann überwiegt in meinen Augen klar dein Interesse und die Kirche hätte die Kopfbedeckung zu dulden.
    Selbst bei einem Gottesdienst könnte das unter bestimmten Voraussetzungen so sein. Du möchtest dir das Gebäude ansehen, für dessen Wiederaufbau du gespendet hast. Hättest du aus irgendwelchen Gründen z.B. keine Möglichkeit, dir das anders als bei einem Gottesdienst anzusehen, könnte das so ein Fall sein.

    Was mich interessieren würde, ist, ob du jetzt noch für Kirchen(gebäude) spendest?
    Ich selbst mache das nie, denn die Gebäude sind Besitz der Kirchen und jede Spende vermehrt damit deren Reichtum.

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